Es ist nur in Ausnahmefällen zulässig, dass der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnet. Etwa aufgrund von Umbauten oder langfristigen Auftragsmangels. Aber Achtung: Der Arbeitgeber darf nicht den gesamten Jahresurlaub verplanen. Mindestens zwei Fünftel davon muss der Arbeitnehmer selbst festlegen können.
Was ist Zwangsurlaub?
Jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub . Der Erholungsurlaub ist in jedem Kalenderjahr zu gewähren. Die Anzahl der Urlaubstage richtet danach, an wie vielen Tagen pro Woche der Arbeitnehmer arbeitet. Dabei stehen dem Arbeitnehmer für jeden wöchentlichen Arbeitstag mindestens 4 Urlaubstage im Jahr zu ( BurlG ). Hinweis: Der gesetzliche Mindesturlaub ist verpflichtend. Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmern zudem zusätzliche Urlaubstage gewähren. Eine entsprechende Regelung kann im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag festgelegt werden. In aller Regel obliegt die Entscheidung dem Arbeitnehmer, wann er Erholungsurlaub beansprucht. Er beantragt den Urlaub beim Arbeitgeber und dieser entscheidet, ob er dem Antrag stattgibt. Nach § 7 BurlG darf der Arbeitgeber den Urlaub nur ablehnen, wenn Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter oder dringende betriebliche Belange dem Urlaubswunsch entgegenstehen.
Unter bestimmten Voraussetzungen hat der Arbeitgeber auf Grundlage des Direktionsrechts die Möglichkeit, festzulegen, wann Arbeitnehmer Urlaub nehmen. Einen solchen einseitig angeordneten Urlaub nennt man Zwangsurlaub .
Eine gesetzliche Regelung von Zwangsurlaub existiert nicht. In der Praxis orientiert man sich deshalb an der Rechtsprechung, wann und in welcher Form Zwangsurlaub zulässig ist. Hinweis: Zwangsurlaub findet sich nur in der Privatwirtschaft, nicht aber im öffentlichen Dienst .
Unterschied zwischen Betriebsferien und Zwangsurlaub
Eine klare Trennung zwischen den Begriffen Zwangsurlaub und Betriebsferien gibt es nicht. Die Grenzen sind fließend. Somit können Betriebsferien als eine Art des Zwangsurlaubs angesehen werden.
- Üblicherweise werden Betriebsferien vertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt und bereits im Vorjahr angekündigt. Zwangsurlaub hingegen ordnen Arbeitgeber in der Regel kurzfristiger und aufgrund einer unvorhergesehenen Situation an.
- Betriebsferien dauern selten länger als 2 oder drei Wochen. Beliebt sind Betriebsferien etwa in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Die Dauer von Zwangsurlaub richtet sich nach Erfordernis der Situation.
- Betriebsferien gelten meist für den ganzen Betrieb oder für ganze Betriebsteile. Zwangsurlaub ist unter Umständen auch für einzelne Mitarbeiter ist möglich.
- Zwangsurlaub muss begründbar sein. Der Grund hat vor dem Arbeitsgericht standzuhalten. Inwieweit Betriebsferien begründet werden müssen, ist strittig.
Zwangsurlaub: Betriebsrat
Gibt es in dem Unternehmen einen Betriebsrat , hat dieser ein Mitbestimmungsrecht , was die Anordnung von Zwangsurlaub betrifft ( § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ). Ohne Zustimmung des Betriebsrats hat der Arbeitgeber nicht das Recht, Zwangsurlaub anzuordnen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entfällt insoweit, wie der Zwangsurlaub bereits in einem geltenden Tarifvertrag geregelt ist.
Gründe für Zwangsurlaub
Damit die Anordnung von Zwangsurlaub zulässig ist, müssen dringende betriebliche Belange vorliegen. Was als dringende betriebliche Belange zählt, ist umstritten. Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass es insbesondere in folgenden Situationen zulässig sein kann, dass der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnet:
- Es handelt sich um einen Saisonbetrieb . Außerhalb der Saison darf der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen.
- Der Betrieb befindet sich in einer unvorhergesehenen Krise. (Langfristiger Auftragsmangel, Produktionsstopp, drohende Insolvenz)
- Der Betrieb ist durch Abwesenheit des Arbeitgebers nicht betriebsfähig . Etwa wenn dieser auf Urlaub ist. Das ist typischerweise bei Arztpraxen oder Anwaltskanzleien der Fall.
- Es besteht eine Vereinbarung zu Zwangsurlaub. Dieser kann etwa in einem Arbeitsvertrag , einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein.
- Es findet ein Umbau oder eine Renovierung des Betriebs statt: Die Anordnung von Zwangsurlaub ist zulässig, wenn es in dem Zeitraum des Umbaus oder der Renovierung keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmer gibt.
- Der Betrieb wird amtlich stillgelegt.
Hinweis: Bei der Anordnung von Zwangsurlaub hat der Arbeitgeber zu berücksichtigen, dass er nicht gegen gängige Rechtsprechung, Betriebsvereinbarungen oder Regelungen in Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag verstößt.
Nicht zulässiger Zwangsurlaub
Nicht immer ist Zwangsurlaub zulässig. Oft befindet sich der Betrieb in einer unvorhergesehenen Krise, muss diese allerdings hinnehmen, da es sich dabei um ein zumutbares wirtschaftliches Risiko handelt. Kann der Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit Arbeitnehmer nicht beschäftigen, darf das in der Regel nicht zulasten der Arbeitnehmer geschehen. Sind Arbeitnehmer arbeitswillig, befindet der Arbeitgeber sich grundsätzlich im Annahmeverzug. Der Arbeitgeber muss Arbeitnehmer auch dann bezahlen, wenn keine Arbeitsleistung möglich ist und darf nur in Ausnahmefällen Zwangsurlaub anordnen. Hinweis: Sehr häufig ist es nicht eindeutig, wann eine betriebliche Krise Zwangsurlaub rechtfertigt oder nicht. Letztendlich kann bei einem diesbezüglichen Rechtsstreit nur das jeweilige Arbeitsgericht über die Zulässigkeit des Zwangsurlaubs entscheiden. Folgende Beispiele geben einen Überblick, in welchen Situationen Arbeitgeber typischerweise kein Recht haben, Zwangsurlaub anzuordnen:
- Kurzfristig schlechte Auftragslage
- Betriebliche Störungen : etwa ein Maschinenausfall, ein Stromausfall oder ein EDV-Ausfall durch einen Hackerangriff
- Katastrophen wie Brände oder Überschwemmungen
Hinweis: Auch nach einer Kündigung darf der Arbeitgeber in den meisten Fällen keinen Zwangsurlaub anordnen. Denn der Arbeitnehmer hat bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ein Recht auf Beschäftigung. Zwangsurlaub ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber berechtigte Bedenken in Hinsicht auf die Weiterbeschäftigung hat. Etwa weil er befürchtet, dass der Arbeitnehmer sich Betriebsgeheimnisse aneignen könnte.
Alternativen zu Zwangsurlaub
Befindet sich ein Betrieb in einer Krise oder es steht eine Krise bevor, sollte der Arbeitgeber nicht sofort Zwangsurlaub anordnen, sondern zunächst andere Möglichkeiten ausschöpfen.
Es gibt folgende Alternativen zu Zwangsurlaub, um mit betrieblichen Krisen umzugehen:
- Abbau von Überstunden
- Reduzierung von Arbeitszeit
- Einführung von Kurzarbeit
- Kürzung von Zuschüssen
- Kündigung von Leiharbeitern
- Einschränkung von Schichtarbeit (Etwa zwei Schichten anstatt drei Schichten)
Zwangsurlaub: Arbeitsrecht
Arbeitgeber können Zwangsurlaub unter bestimmten Voraussetzungen anordnen. Dabei gibt es allerdings verschiedene Aspekte, die sie auf jeden Fall beachten müssen. Das betrifft etwa die Ankündigung sowie die Dauer von Zwangsurlaub.
Ankündigung von Zwangsurlaub
Der Arbeitgeber hat seine Mitarbeiter so früh wie möglich über bevorstehenden Zwangsurlaub in Kenntnis zu setzen.
Es gibt keine gesetzliche Regelung zur Dauer der Ankündigungsfrist. Allerdings gilt, dass die Frist Arbeitnehmern zumutbar sein muss. Je kürzer die Frist ist, desto eher ist der Zwangsurlaub unzulässig.
Betriebsferien werden üblicherweise im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Dauer und Lage der Betriebsferien müssen lange im Voraus angekündigt werden. Zumeist geschieht die Ankündigung bereits vor Beginn des Urlaubsjahres. Auf der sicheren Seite sind Arbeitgeber rechtlich gesehen mit einem Vorlauf von mindestens sechs Monaten .
Da Zwangsurlaub häufig einer unvorhergesehenen Krise vorausgeht, ist es nicht immer möglich, ihn frühzeitig anzukündigen. Je nachdem, wie akut eine betriebliche Krise ist, kann auch eine kurzfristige Ankündigung zulässig sein. Wie kurzfristig Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen dürfen, ist rechtlich allerdings nicht geregelt und kommt immer auf den Einzelfall an. Wenn möglich, sollten Arbeitgeber sich deshalb wie bei Betriebsferien an eine sechsmonatige Ankündigungsfrist halten. Oder rechtliche Beratung von einem Anwalt für Arbeitsrecht in Anspruch nehmen. Hinweis: Es gibt keine Formvorschrift, wie die Ankündigung von Zwangsurlaub stattzufinden hat. Wichtig ist nur, dass alle betroffenen Mitarbeiter Kenntnis davon erlangen. Beliebte Ankündigungsformen sind etwa die Verwendung des Schwarzen Bretts oder das Verschicken einer Rundmail .
Dauer von Zwangsurlaub
Grundsätzlich besteht keine Obergrenze für die Dauer von Zwangsurlaub. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts darf der Arbeitgeber allerdings nicht den ganzen Jahresurlaub von Arbeitnehmern festlegen. Nach gängiger Rechtsprechung sollten Arbeitnehmer die Lage von mindestens zwei Fünfteln des Jahresurlaubs selbst bestimmen können.
Ordnet der Arbeitgeber Zwangsurlaub an, mindert sich der jährliche Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um dessen Dauer. Allerdings gilt, dass der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub in aller Regel nicht streichen darf. Überschreiten Zwangsurlaub und bereits genehmigter Urlaub zusammengerechnet den Jahresurlaubsanspruch, so ist das das Problem des Arbeitgebers. Nicht zulässig ist der Vorgriff auf Urlaubstage des nächsten Jahres.
Krankheit während Zwangsurlaub
Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, kann er zum Arzt gehen und sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen lassen. Das gilt auch bei Zwangsurlaub.
Nach § 9 BurlG werden jene Tage, für die der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nachweist, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Bedingung dafür ist, dass der Arbeitnehmer die ärztliche Bescheinigung pünktlich an seinen Arbeitgeber übermittelt. In der Regel sollte das bereits am ersten Krankheitstag geschehen. Dann wird kein Tag der Arbeitsunfähigkeit als Urlaubstag gewertet.
Bezahlung bei Zwangsurlaub
Ordnet der Arbeitgeber Zwangsurlaub an, hat er eine reguläre Entgeltfortzahlung zu leisten. Das heißt, der Arbeitnehmer hat für die Dauer des Zwangsurlaubs Anspruch auf die volle Vergütung .
Das ist auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung des Zwangsurlaubs seinen Jahresurlaub bereits verbraucht hat. Denn der Arbeitgeber ist im Annahmeverzug. Kann er keine Arbeit bereitstellen, darf das nicht der Schaden des Arbeitnehmers sein.
Unbezahlter Zwangsurlaub ist nur zulässig, wenn folgende Voraussetzungen allesamt zutreffen:
- Die Hauptleistungspflichten (Arbeitsleistung und Entgelt) beider Parteien ruhen für einen bestimmten Zeitraum.
- Lage und Dauer der Ruhezeit sind im Arbeitsvertrag festgelegt.
- Der Arbeitgeber hat keine andere Möglichkeit, die Arbeitskraft des Arbeitnehmers einzusetzen.
- Der Jahresurlaub ist bereits vollständig verbraucht.
Mehr zum Thema unbezahlter Urlaub können Sie in dem Artikel unbezahlter Urlaub erfahren. Hinweis: Unbezahlter Zwangsurlaub findet sich beispielsweise bei Saisonarbeit . Kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer außerhalb der Saison nicht beschäftigen, kann er im Arbeitsvertrag unbezahlten Zwangsurlaub vereinbaren.
Gegen Zwangsurlaub wehren
Arbeitnehmer können Zwangsurlaub nicht einfach ablehnen, da es sich entweder um eine einseitige Anordnung des Arbeitgebers handelt oder der Zwangsurlaub vertraglich vereinbart wurde.
Hat ein Arbeitnehmer Zweifel an der Zulässigkeit von Zwangsurlaub, sollte er einen Anwalt für Arbeitsrecht zurate ziehen. Dieser hat die notwendige Expertise, um einzuschätzen, ob der Zwangsurlaub zulässig ist oder nicht. Nimmt der Anwalt an, dass die Anordnung des Zwangsurlaubs unberechtigt ist, bestehen Chancen auf eine erfolgreiche Klage vor dem Arbeitsgericht. Hinweis: Ist der Zwangsurlaub offensichtlich unzulässig, etwa wenn er aufgrund einer kurzfristigen betrieblichen Störung angeordnet wird, sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich darauf hinweisen.