Arbeitgeber können Alkohol am Arbeitsplatz verbieten, müssen es aber nicht. Nicht erlaubt ist Alkoholkonsum, wenn der Arbeitnehmer dadurch sich selbst oder andere gefährdet. Oder wenn er seine Arbeitspflichten nicht erfüllen kann. Dann kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter abmahnen oder kündigen.
Alkohol am Arbeitsplatz: Gesetzeslage
In Deutschland gibt es kein Gesetz, das es Arbeitnehmern pauschal verbietet, Alkohol am Arbeitsplatz zu konsumieren. Insofern kann es Mitarbeitern gestattet sein, am Arbeitsplatz oder in der Mittagspause Alkohol zu trinken. Allerdings heißt das keineswegs, dass Arbeitnehmer sich nach Lust und Laune betrinken können:
1) In jedem Fall müssen Arbeitnehmer, die Alkohol konsumieren, noch in der Lage sein, ihre Arbeitsleistung ohne Beeinträchtigung zu erbringen. Wer nämlich zu tief ins Glas schaut, ist nicht mehr voll arbeitsfähig und verstößt damit gegen seine vertraglichen Pflichten. Das gilt auch bei Restalkohol, wenn der Arbeitnehmer die Nacht zuvor zu viel getrunken hat.
2) Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber müssen die Vorschriften zur Arbeitssicherheit beachten und dürfen keine Gefährdung von Leben oder Beschädigung von Arbeitsmitteln riskieren.
3) Abgesehen davon hat jeder Arbeitgeber das Recht, ohne Angabe von Gründen ein betriebliches Alkoholverbot festzulegen. Dieses ist für Mitarbeiter bindend; ein Verstoß dagegen kann zur Kündigung führen.
Alkoholverbot zur Unfallverhütung
Inwieweit Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt sein darf, hängt maßgeblich mit der beruflichen Tätigkeit von Arbeitnehmern zusammen. So macht es etwa einen großen Unterschied, ob jemand in einem Büro tätig ist, oder ob er schwere Maschinen bedient. Je nachdem, welche Tätigkeit der Arbeitnehmer also ausübt, kann schon eine geringe Menge Alkohol zu viel sein. Sobald sich der Konsum negativ auf die Arbeitssicherheit auswirkt, stehen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer in der Verantwortung.
Folgende Punkte gibt es in Hinblick auf die Unfallverhütung zu beachten:
- In manchen Branchen – etwa im Straßenverkehr – gibt es gesetzlich festgelegte Promillegrenzen, deren Überschreitung strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht. So handeln etwa Berufskraftfahrer nach § 24a StVG ordnungswidrig, wenn sie 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut haben. Im Personenverkehr ist gemäß § 8 BOKraft sogar jeglicher Alkoholkonsum verboten.
- Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitnehmer weder sich selbst noch andere durch den Konsum von Alkohol gefährden. Ist ein Mitarbeiter so berauscht, dass er ein Sicherheitsrisiko darstellt, hat der Arbeitgeber die Pflicht, ihm die Ausübung seiner Arbeit zu untersagen. ( DGUV § 7 )
- Für den Arbeitnehmer besteht grundsätzlich ein relatives Alkoholverbot. Gemäß DGUV § 15 , darf er durch Alkohol nämlich keinen Zustand herbeiführen, in dem er sich oder andere in Gefahr bringen könnte. Bei einer Bürotätigkeit ist die Möglichkeit, sich selbst oder jemand anderem Schaden zuzufügen etwa sehr gering. Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer aber beispielsweise um einen Chirurgen, einen Piloten oder einen Polizisten, muss die Arbeitstüchtigkeit uneingeschränkt gewährleistet sein. Ansonsten könnte das fatale Folgen haben.
Hinweis: Was das Trinken von Alkohol am Arbeitsplatz betrifft, gilt gleichermaßen für den Konsum von Drogen. Ebenso ist die Einnahme von Medikamenten untersagt, welche zu einem Zustand führen, in dem der Arbeitnehmer sich oder andere gefährdet.
Alkohol am Arbeitsplatz: Arbeitsunfall
Verursacht ein Arbeitnehmer unter Alkoholeinfluss einen Arbeitsunfall , kann das für ihn versicherungsrechtliche Konsequenzen haben. Dabei spielt es eine große Rolle, inwieweit der Arbeitnehmer durch den Konsum Alkohol in seiner Leistung eingeschränkt war.
- Hatte der Arbeitnehmer zwar Alkohol getrunken, aber dadurch keine oder nur eine geringe Leistungsminderung gehabt, lässt sich der Unfallzusammenhang nicht zwingend beweisen. Die Unfallversicherung wertet den Unfall als Arbeitsunfall, solange der Alkoholkonsum den Unfall nicht maßgeblich beeinflusst hat.
- Hat der Arbeitnehmer alkoholbedingt einen starken Leistungsabfall oder einem kompletten Ausfall, entfällt bei einem Unfall der Unfallversicherungsschutz. Zudem haftet der Verantwortliche bei grober Fahrlässigkeit gegenüber von Versicherungsträgern und muss gegebenenfalls Schadensersatz leisten.
Hinweis: Verletzt sich ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Betriebsfeier oder eines Betriebsausflugs und ist dabei alkoholisiert, greift in der Regel der Unfallversicherungsschutz. Das gilt auch dann, wenn der Alkoholkonsum den Unfall maßgeblich herbeigeführt hat. Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn der Arbeitnehmer den Unfall durch leichtsinniges Verhalten provoziert hat.
Betriebliches Alkoholverbot am Arbeitsplatz
Ein gesetzliches Alkoholverbot gibt es zwar nicht, allerdings legen viele Unternehmen ein betriebliches Alkoholverbot fest. Entweder durch eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag oder in Form einer Betriebsvereinbarung . Für das Schließen einer Betriebsvereinbarung braucht der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats. ( § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ) Hinweis: Gibt es ein betriebliches Alkoholverbot, ist es auch Arbeitnehmern im Homeoffice untersagt, während der Arbeitszeit Alkohol zu konsumieren. Ein Alkoholverbot im Betrieb gilt üblicherweise auf dem ganzen Betriebsgelände. Allerdings kann ausnahmsweise der Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt sein. Etwa bei betrieblichen Veranstaltungen nach Feierabend. Achtung: Verstößt ein Arbeitnehmer gegen das betriebliche Alkoholverbot, muss er mit arbeitsrechtlichen Folgen rechnen. Je nach Situation kann der Arbeitgeber ihm eine Abmahnung erteilen oder eine Kündigung durchführen.
Alkohol am Arbeitsplatz: Tipps zum Umgang
Ist ein Arbeitnehmer so alkoholisiert, dass er seine vertraglichen Pflichten nicht hinreichend erfüllen kann, darf der Arbeitgeber diesen heimschicken. Handelt es sich zudem um eine Tätigkeit, durch die der Arbeitnehmer sich oder andere gefährden könnte, muss der Arbeitgeber ihm die Arbeitsleistung in jedem Fall untersagen. Achtung: Der Arbeitgeber unterliegt der Fürsorgepflicht . Er muss gewährleisten, dass der alkoholisierte Arbeitnehmer sicher nach Hause kommt und darf ihn nicht mit dem Auto fahren lassen. Beispielsweise kann er dem Betrunkenen ein Taxi rufen oder einen anderen Mitarbeiter anweisen, ihn nach Hause zu bringen.
Alkoholisierung am Arbeitsplatz nachweisen
Hat der Arbeitgeber den Verdacht, dass ein Mitarbeiter betrunken ist, ist das nicht immer einfach zu beweisen. So darf er beispielsweise keinen Bluttest anordnen, da dieser gegen das Recht des Arbeitnehmers auf körperliche Unversehrtheit verstoßen würde.
Folgende Möglichkeiten hat der Arbeitgeber bei Verdacht auf eine Alkoholisierung des Arbeitnehmers:
1) Der Arbeitgeber kann den Mitarbeiter anweisen, ihn anzuhauchen oder eine vorgegebene Strecke geradeaus zu laufen.
2) Der Arbeitgeber kann einen Atemtest durchführen, um den im Atem enthaltenen Alkoholgehalt zu ermitteln. Allerdings braucht er dafür die Zustimmung des Arbeitnehmers.
3) Der Arbeitgeber kann Hinweise auf eine Alkoholisierung dokumentieren. Beispielsweise eine Alkoholfahne, undeutliches Artikulieren oder ein torkelnder Gang des Arbeitnehmers.
Arbeitsausfall durch Alkoholkonsum: Lohnfortzahlung?
Kommt es durch Alkoholkonsum zur Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers, ist diese selbstverschuldet. Gemäß § 3 EntgFG muss der Arbeitgeber in diesem Fall ausnahmsweise keine Entgeltfortzahlung leisten. Das gilt auch dann, wenn der Mitarbeiter alkoholisiert zur Arbeit erscheint, der Arbeitgeber diesen aber nach Hause schickt. Hinweis: Wenn der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigert, sollte er die Umstände genau dokumentieren, um den Alkoholverdacht im Streitfall hinreichend begründen zu können.
Anders sieht die Sache aus, wenn der Arbeitnehmer alkoholkrank ist. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts liegt hier eine Krankheit und kein schuldhaftes Verhalten vor. Deshalb hat der Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Prävention von Alkoholmissbrauch
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die Arbeitgeber einsetzen können, um Alkoholmissbrauch im Unternehmen vorzubeugen:
- Ein betriebliches Alkoholverbot einführen.
- Die Fortbildung von höherrangigen Angestellten zum Thema Alkohol im Betrieb. Dadurch können diese angemessen reagieren, wenn Mitarbeiter alkoholisiert sind.
- Auf Betriebsfeiern keine alkoholischen Getränke bereitstellen.
- Aufklärung der Mitarbeiter, dass bei alkoholbedingten Unfällen ihr Versicherungsschutz entfallen kann.
- Im Unternehmen einen Suchtberater anstellen.
- Alkohol nicht zum Tabuthema machen.
Hinweis: Arbeitgeber sollten im Umgang mit einem Mitarbeiter, die womöglich alkoholabhängig sind, sensibel umgehen. Vorwürfe und Diskriminierung sind fehl am Platz. Das heißt aber nicht, dass Arbeitgeber den Alkoholismus ignorieren sollten. Am besten ist es, sie suchen das offene Gespräch mit dem Betroffenen. Darin können sie Unterstützung signalisieren und auch auf die Suchtberatung oder eine Alkoholtherapie verweisen.
Kündigung bei Alkohol am Arbeitsplatz
Trinkt ein Arbeitnehmer trotz betrieblichen Verbots Alkohol, kann der Arbeitgeber ihm eine Abmahnung erteilen. Je nach Situation ist auch eine Kündigung zulässig. Eine Abmahnung oder Kündigung ist auch ohne Alkoholverbot möglich, wenn der Mitarbeiter erkennbar alkoholisiert ist, wodurch er seine vertraglichen Pflichten nicht mehr erfüllen kann. Insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer dadurch sich oder andere gefährdet.
Alkohol am Arbeitsplatz: Ordentliche Kündigung
Verstößt ein Arbeitnehmer zum ersten Mal gegen das Alkoholverbot oder kann seiner Arbeit alkoholbedingt nicht ordnungsgemäß verrichten, kann der Arbeitgeber ihm eine Abmahnung erteilen. Sofern der Mitarbeiter durch seinen Alkoholkonsum niemanden gefährdet, darf der Arbeitgeber in der Regel keine härteren Maßnahmen ergreifen. Hinweis: Die Abmahnung hat eine Warnfunktion und soll dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen führen. Sie ist bei erstmaligen Verfehlungen das Mittel der Wahl und muss einer verhaltensbedingten Kündigung üblicherweise vorausgehen. Nur bei schweren Verstößen ist eine Kündigung ohne Abmahnung zulässig. ( § 314 Abs. 2 BGB ) Trinkt der Arbeitnehmer abermals unerlaubterweise Alkohol, stellt sich die Abmahnung offenkundig als erfolglos heraus. In diesem Fall hat der Arbeitgeber das Recht, eine ordentliche Kündigung durchzuführen. Die im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag vereinbarten Kündigungsfristen sind anzuwenden. Findet sich darin keine entsprechende Regelung, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB .
Alkohol am Arbeitsplatz: Fristlose Kündigung
Eine fristlose Kündigung ist generell nur dann zulässig, wenn gemäß § 626 BGB ein wichtiger Grund besteht, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, den Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
Was Alkohol am Arbeitsplatz betrifft, muss der Konsum so schwer wiegen, dass er eine sofortige Kündigung notwendig macht, was in der Praxis aber nur selten der Fall ist.
Folgende Kriterien sind wichtig, wenn es darum geht, die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung zu beurteilen:
- Menge des getrunkenen Alkohols
- Verfassung des Arbeitnehmers
- Art der Tätigkeit
- Gefährdung von sich oder anderen
Führt der Alkoholkonsum eines Arbeitnehmers zu einem großen Sicherheitsrisiko, ist eine fristlose Kündigung erlaubt. Das ist etwa der Fall, wenn ein Berufskraftfahrer oder ein Chirurg stark alkoholisiert ihre Tätigkeit ausüben. Denn dann ist die Gefährdung von sich oder anderen in hohem Maße gegeben. Hinweis: In einem Urteil von 2004 bestätigte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Wirksamkeit einer fristlose Kündigung aufgrund von Alkohol am Arbeitsplatz. In besagtem Fall ging es um einen Monteur, der mehrmals alkoholisiert zur Arbeit erschienen war. Abmahnungen blieben erfolglos. Dass der Beklagte mit der Reinigung von Tankanlagen betraut war, die brennbare Gefahrenstoffe enthielten, wertete das Gericht als erhebliches Sicherheitsrisiko. Nicht zuletzt war der Monteur auch für die Sicherheit seiner Kollegen zuständig, die er alkoholisiert nicht gewährleisten konnte.
Kündigung bei Alkoholkrankheit
Da Alkoholismus als Krankheit anerkannt ist, gelten bei der Kündigung eines Alkoholkranken andere Bedingungen. Eine verhaltensbedingte Kündigung oder eine Abmahnung sind nicht zulässig, denn der Arbeitnehmer trägt aus rechtlicher Sicht keine Schuld an seinem Konsum. Möglich ist unter Umständen aber eine personenbedingte Kündigung . Allerdings müssen dazu folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Arbeitnehmer ist alkoholkrank.
- Der Alkoholkonsum beeinträchtigt die wirtschaftlichen oder betrieblichen Interessen des Unternehmens. Etwa, weil der Arbeitnehmer schlechtere Leistungen erbringt oder regelmäßig ausfällt.
- Es gibt eine negative Zukunftsprognose. Diese ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Alkoholtherapie verweigert oder nach einer solchen einen Rückfall erleidet.
- Der Arbeitgeber muss eine Interessensabwägung machen. Eine Kündigung ist nur zulässig, wenn sein Interesse an der Kündigung größer ist als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung. Bei der Interessensabwägung muss der Arbeitgeber verschiedene Kriterien berücksichtigen. Etwa das Alter des Arbeitnehmers, die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit oder seine Chancen am Arbeitsmarkt.
Alkohol am Arbeitsplatz: Kündigungsschutzklage
Erhalten Arbeitnehmer eine Kündigung, weil sie am Arbeitsplatz Alkohol konsumiert haben oder alkoholisiert zur Arbeit erschienen sind, ist die Entlassung nicht immer gerechtfertigt. In manchen Fällen hat der Arbeitnehmer gute Chancen auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage . Beispielsweise, wenn
- der Arbeitgeber ohne vorhergehende Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung durchführt.
- der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos kündigt, obwohl dazu kein wichtiger Grund besteht. (Ein wichtiger Grund ist etwa die alkoholbedingte Gefährdung von sich oder anderen.)
- der Arbeitgeber einen alkoholkranken Arbeitnehmer kündigt, ohne zu versuchen, ihn zu einer Therapie zu bewegen.
Nach Erhalt der Kündigung sollte ein Arbeitnehmer zunächst einen Anwalt für Arbeitsrecht aufsuchen und abklären, inwieweit die Kündigung gerechtfertigt ist. Hält der Anwalt die Kündigung für ungerechtfertigt, sollte der Arbeitnehmer als nächstes eine Kündigungsschutzklage einreichen. Gemäß § 4 KSchG hat er dafür nach Zugang der Kündigung drei Wochen Zeit. Hinweis: Sowohl bei der Erstellung der Klage als auch im nachfolgenden Verfahren sollte ein Arbeitnehmer anwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Durch die fachliche Expertise eines Anwalts ist gewährleistet, dass die Klage alle wichtigen Punkte enthält und zeitgerecht beim Arbeitsgericht eingeht. Zudem steigen die Chancen auf einen erfolgreichen Kündigungsschutzprozess.