Umgangsrecht der Großeltern: Wie oft dürfen die Kinder Oma und Opa besuchen?

Rechtsanwalt

In den meisten Familien sind Oma und Opa eine willkommene Unterstützung für die Kinderbetreuung. Manchmal kommt es mit den Kindeseltern aber zum Streit über das Umgangsrecht: Haben die Großeltern automatisch ein Besuchsrecht? Darf ihnen der Umgang verboten werden? Können sie ihr Recht einklagen?

Großvater beim Angeln mit Enkel: Er nimmt das Umgangsrecht der Großeltern wahr.
Adobe Stock | IdeaBug, Inc.

Haben Großeltern ein Recht, die Enkel zu sehen?

Ein Kind hat ein Recht auf Umgang mit engen Bezugspersonen ( § 1685 BGB ). Zu diesem Personenkreis zählen neben den Eltern, die Geschwister und Großeltern . Auch Stiefeltern und andere wichtige Bezugspersonen haben ein Umgangsrecht mit dem Kind, wenn zwischen ihnen und Kind eine sozial-familiäre Beziehung vorhanden ist. 
‌ 
‌Der Gesetzgeber geht von vornherein davon aus, dass der Umgang zwischen Eltern und Kindern dem Kindeswohl zuträglich ist ( § 1626 Abs. 3 S 1 BGB ). Deshalb gibt es für Eltern nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht auf Umgang mit dem Kind. 
‌ 
‌Anders verhält es sich bei allen anderen Bezugspersonen. Also auch bei Großeltern: Sie haben nur dann ein Recht auf Umgang mit dem Kind , sofern der Umgang dem Kindeswohl dient . Streiten sich die Personensorgeberechtigten und anderen (vermeintlichen) engen Bezugspersonen darüber, muss das Gericht entscheiden.  Hinweis: Ein Elternteil darf dem anderen nicht eigenmächtig den Umgang mit dem Kind verweigern. Sogar dann nicht, wenn er das alleinige Sorgerecht hat. Das Umgangsrecht eines Elternteils einschränken oder ausschließen darf nur das Gericht. Den Großeltern und anderen engen Bezugspersonen darf der Umgang ebenso nicht verweigert werden, wenn das Verhältnis zwischen ihnen und Kind positiv ist. 

Was sagt das Gesetz?

1) Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. 
‌ 
‌2) Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. 
‌ 
‌§ 1685 BGB 

Was kann das Umgangsrecht der Großeltern beinhalten?

Eltern und Großeltern des Kindes machen sich erst einmal außergerichtlich aus, wann und in welchem Umfang der Kontakt bzw. Umgang zu den Enkeln stattfinden soll. Einvernehmlich können sie Verschiedenes regeln, sofern es dem Kindeswohl entspricht. 
‌ 
‌Wie lange und in welcher Form Großeltern ihr Umgangsrecht wahrnehmen können, ist im Gesetz nicht geregelt. 
‌ 
‌Für die Wahrung des Kindeswohls sind u.a. folgende Aspekte zu beachten: 

  • Stärke der Bindung
  • Alter des Kindes
  • Entfernung zwischen den Wohnsitzen der betreuenden und umgangsberechtigten Person
  • Entfernung des Wohnsitzes der umgangsberechtigten Person zur KiTa oder Schule
  • Art und Weise der Kommunikation über Distanz (Telefon, E-Mail, Zoom, etc.)

Hinweis: Das Umgangsrecht wird manchmal auch „Kontaktrecht“ oder „Besuchsrecht“ bezeichnet. Das rührt daher, dass dieses Recht den Kontakt zwischen Kind und Bezugsperson insgesamt regelt. 

Wie oft dürfen Großeltern die Enkel sehen?

‌Im Gesetz steht hierzu nichts geschrieben. Wie häufig sich Kinder und Großeltern sehen dürfen und wie die Zeit verbracht wird, ist im Einvernehmen mit den Eltern zu regeln. Idealerweise arbeiten Eltern und Großeltern eng zusammen und sprechen sich regelmäßig ab. 

Können Großeltern fordern, dass die Kinder bei ihnen übernachten?

Übernachtungen bei den Großeltern entsprechen grundsätzlich dem Kindeswohl und sind die Regel. Besonders auch dann, wenn die Großeltern weiter weg wohnen und sie das Kind übernachten lassen wollen, um ihr Umgangsrecht überhaupt richtig ausüben zu können. Ansonsten wäre ihr Umgangsrecht de facto eingeschränkt. Aber auch bei in der Nähe wohnenden Großeltern sollte ein Kind übernachten können. 

Dürfen die Großeltern mit ihren Enkeln in den Urlaub fahren?

Großeltern dürfen mit ihren Enkeln im Inland verreisen. Allerdings sollte dies immer mit den Eltern des Kindes abgesprochen werden. Auslandsreisen sind nur möglich, wenn die Eltern eine Reisevollmacht erteilen. 
‌ 
‌Ansonsten können die Großeltern an der Grenze wegen Verdachts auf Kindesentführung Probleme bekommen. Eine Vollmacht sollte also immer mit dabei sein. 
‌ 
Hinweis: Neben der Reisevollmacht sollte man immer auch eine Geburtsurkunde des Kindes mitführen. Die Staaten Bosnien & Herzegowina, Griechenland sowie Nordmazedonien verlangen eine amtliche Beglaubigung der Vollmacht. 

Dürfen die Großeltern ihre Enkel vom Kindergarten abholen?

Umgangsberechtigte dürfen das Kind nicht ohne Weiteres vom Kindergarten abholen. Eine Vollmacht des/der Sorgeberechtigten ist hierfür notwendig. Zur Sicherheit verlangen die meisten KiTas und Kindergärten zudem ebenfalls eine Bestätigung . Diese muss von einem Sorgeberechtigten unterschrieben sein. So stellen die Kindergärten auch sicher, dass sie keine rechtlichen Probleme bekommen. 

Was können Großeltern bei einem medizinischen Notfall tun?

‌Stößt den Kindern etwas zu und ist in weiterer Folge ein medizinischer Eingriff erforderlich, müssen die Sorgeberechtigten zuerst einwilligen . Die erste Versorgung ( Notversorgung ) führt ein Notarzt durch. Hierfür ist keine Einwilligung der Eltern erforderlich. 
‌ 
‌Ein medizinischer Eingriff – der nicht zur Ersthilfeleistung zählt – bedarf aber der Einwilligung eines Sorgeberechtigten. Sind diese nicht erreichbar, müssen die Ärzte das Familiengericht anrufen. Die Großeltern dürfen nur entscheiden, wenn sie eine Vollmacht dafür haben .  Hinweis: Die Ärzte sind nicht verpflichtet, Umgangsberechtigten Auskünfte über den Gesundheitszustand des Kindes zu erteilen. 

Wenn Eltern und Großeltern unterschiedliche Erziehungsvorstellungen haben?

Eine häufig auftauchende Frage: Müssen sich Oma und Opa an die Erziehungsvorgaben der Eltern ihrer Enkel halten? Ja, die Eltern haben stets Erziehungsvorrang . Wenn die Großeltern diese Regel missachten, dient der Umgang nicht dem Kindeswohl. Bei wiederholten Vorfällen kann sich das negativ auf das Umgangsrecht auswirken. 
‌ 
‌Gehen allerdings die Erziehungsvorstellungen der Eltern gegen das Kindeswohl (z.B. häusliche Gewalt ), sind die Großeltern nicht verpflichtet, diesen zu folgen. 
‌ 
‌Ein Bestandteil der Personensorge ist zudem das Recht über die religiöse Kindererziehung . Dieses Recht steht stets den Eltern zu, nicht aber den Großeltern. Können sich die Eltern darin nicht einigen, kann das Gericht eine Entscheidung treffen.  Hinweis: Der Erziehungsvorrang der Eltern ist sehr wichtig. Missachten Großeltern diesen Vorrang, kann ihnen das Umgangsrecht entzogen werden. 

Wenn die Großeltern im Ausland leben?

Auch im Ausland lebende Großeltern haben grundsätzlich ein Umgangsrecht. Das OLG Köln entschied beispielsweise 2004, dass die Mutter mit den Kindern in einen arabischen Staat reisen durfte, obwohl der getrennt lebende Vater dagegen war. Ziel der Reise war es, die kranke Großmutter zu besuchen und den persönlichen Kontakt zwischen Kindern und Großmutter aufrechtzuerhalten ( OLG Köln, 04.06.2004 - 4 WF 4/04 ). 
‌ 

Kann man den Großeltern das Umgangsrecht entziehen?

Genauso wie Großeltern und andere enge Bezugspersonen des Kindes ihr Umgangsrecht einklagen können, können Eltern versuchen, ihnen dieses Recht abzusprechen. Dafür brauchen sie freilich handfeste Gründe. Verweigern die Eltern den Umgang, so wird dies umgangssprachlich häufig als „Umgangsrechtsentzug“ bezeichnet. Entziehen kann dieses Recht nur aber nur das Familiengericht
‌ 

Kann man als Oma oder Opa das Umgangsrecht einklagen?

Ja . Können sich die Eltern untereinander bzw. die Eltern und enge Bezugspersonen auf keine Kontaktregelung einigen, kann das Familiengericht eine Entscheidung treffen. Sowohl die Eltern als auch die Bezugspersonen haben die Möglichkeit, hierfür einen Antrag beim Familiengericht zu stellen. 

  • Die Eltern – wenn sie nicht wollen, dass ihre Kinder mit den Großeltern Kontakt haben bzw. dieses Recht einschränken wollen.
  • Die Großeltern – wenn ihnen ihr grundsätzliches Recht auf Umgang verweigert oder eingeschränkt wird.


‌Nur das Gericht kann die Eltern letztlich verpflichten, den Umgang mit bestimmten Personen zu ermöglichen und zu fördern . Wichtig ist, dass die jeweilige Partei stichhaltig darlegen kann, was für das Umgangsrecht spricht – bzw. was dagegen spricht.  Hinweis: Das Familiengericht ist Teil des Amtsgerichts, in dessen Amtsbereich sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes befindet. 

Wann lehnt das Gericht ab?

‌In bestimmten Situationen entscheidet das Gericht gegen das Umgangsrecht von Oma und Opa. Maßstab ist immer die bestmögliche Wahrung des Kindeswohls
‌ 
‌Grundsätzlich ist der Kontakt bzw. die Häufigkeit des Kontaktes zwischen Enkel und Großeltern zu hinterfragen, wenn ein stark zerrüttetes Verhältnis zwischen Eltern und Großeltern des Kindes besteht. 
‌ 
‌Die Rechtsprechung entscheidet in solchen Umständen oft gegen ein Umgangsrecht der Großeltern. Das Kindeswohl könnte nämlich durch den Umgang gefährdet werden: Ernst zu nehmen ist bei solchen Rahmenbedingungen die Wahrscheinlichkeit eines Loyalitätskonfliktes . Zudem kann sich die die Unfähigkeit der Kindeseltern und Großeltern, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren , schlecht auf das Kind auswirken. 
‌ 
Setzen sich die Großeltern über den Erziehungsvorrang der Eltern hinweg oder ist es offensichtlich, dass sie das tun werden, wird ihnen das Familiengericht kein Umgangsrecht zusprechen. Die Gefahr eines Loyalitätskonflikts ist immer als dem Kindeswohl abträglich einzustufen.  Hinweis: Wann immer die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Kind in einen Loyalitätskonflikt zwischen Eltern und Großeltern gerät, entscheidet das Gericht zur Sicherheit gegen das Umgangsrecht. 

Welches Gewicht hat der Kindeswille?

‌Im Allgemeinen kann man sagen, dass dem Willen des Kindes mit steigendem Alter immer mehr Gewicht beigemessen wird. Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr ist das Familiengericht jedenfalls verpflichtet, das Kind anzuhören. Jüngere Kinder werden nur angehört, wenn die Umstände anzeigen, deren Meinung sei besonders wichtig.  Hinweis: Das Kindeswohl muss sich nicht immer mit der Meinung des Kindes decken. Möglich ist z.B. auch, dass die Eltern das Kind manipuliert haben. 

Was ist, wenn die angeordnete Umgangsregelung missachtet wird?

‌Vereitelt der betreuende Elternteil den Umgang trotz gerichtlich geregelten Umgangs, können Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden. Das Gericht kann z.B. Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder unmittelbaren Zwang anordnen. 
‌ 
‌Vorher wird es jedoch immer versuchen, in einem gerichtlichen Vermittlungsverfahren doch noch eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten herbeizuführen. 
‌ 
‌Das Gericht ist verpflichtet, den betreuenden Elternteil anzuhören, bevor es eine derartige Maßnahme verhängt. Ergibt oder ergäbe sich durch den Umgang eine Kindeswohlgefährdung, kann das Gericht den Umgang auch gänzlich oder teilweise ausschließen
‌ 
‌Wenn sich die Kinder weigern: 
‌ 
‌Die Vollstreckung des Umgangsrechts kommt nicht zustande, wenn sich das betroffene Kind gegen den Umgang erheblich wehrt. Fördert der betreuende Elternteil den Umgang jedoch nicht oder beeinflusst er das Kind gegen den Umgangsberechtigten, kann das Gericht eine Vollstreckungsmaßnahme anordnen.  Hinweis: Weigert sich das Kind gegen den Umgang, muss dem auf den Grund gegangen werden, bevor eine Vollstreckung angeordnet wird. Wird das Kind vom betreuenden Elternteil manipuliert, kann eine Zwangsmaßnahme durchgesetzt werden. 

Welche außergerichtlichen Möglichkeiten gibt es?

‌Kinder und Jugendliche sollten wenn möglich nicht in gerichtliche Konflikte hineingezogen werden. Ein Gerichtsverfahren ist nur anzudenken, wenn keine anderen Möglichkeiten mehr greifen. Das Jugendamt oder eine Familienberatungsstelle sollte jedenfalls davor kontaktiert werden. 
‌ 
‌Die umfangreichste rechtliche Beratung erhält man bei einem Anwalt für Familienrecht . Dieser vertritt seine Mandanten auch während eines Verfahrens bei Gericht.

Umgangsrecht der Großeltern – Recht einfach erklärt