Was bedeutet Teilungsanordnung?
Im Artikel „ Erbengemeinschaft “ haben wir die Probleme aufgezeigt, die entstehen können, wenn mehrere Personen gemeinsam erben. Dann stellt sich die Frage, welche Vermögensteile an wen gehen. Klüger handelt ein Erblasser dann, wenn er genau bestimmt, wer was bekommen soll. Dies kann er mit einer sogenannten Teilungsanordnung tun.
Mit einer klaren Zuteilung vermeidet der Erblasser Verwirrung und Streit. Zudem kann er auf die Interessen der Erben eingehen. Weiß die Tochter zum Beispiel überhaupt nichts mit dem Waldstück und der Holzernte-Maschine anzufangen, kann er es dem Sohn vererben. Und hat der Sohn nichts für Pferde übrig, so vererbt der Erblasser sinnvollerweise die Pferdekoppel an jemand anderen.
Obwohl die Teilungsanordnung in der Regel besser ist als gar keine, bringt aber auch sie Probleme mit sich: Bei der Teilungsanordnung darf niemand weniger bekommen als seine Erbquote im Testament vorschreibt. Sollte ein Miterbe weniger bekommen, so muss ein Wertausgleich erfolgen.
Die Ausgleichspflicht macht die Teilungsanordnung äußerst problematisch. Nachstehend sind zwei Beispiele zur näheren Erklärung.
Teilungsanordnung Beispiel
Barvermögen – Wertausgleich unproblematisch
Die Teilung von Barvermögen ist unproblematisch. Sollte jemand mehr als der andere erben, ist ein Ausgleich unkompliziert. Geld ist relativ leicht teilbar. Beispiel: Die Erbschaft von Erich Schiller besteht aus Spareinlagen (Wert = 150.000 Euro) und einem Grundstück (Wert = 100.000 Euro). Im Testament schreibt er fest, dass seine Töchter Lisa und Jessica jeweils die Hälfte erben sollen. Weil Jessica schon immer das Grundstück wollte, vererbt er es ihr; die Spareinlagen gehen an Lisa.
Aufteilung: Der Nachlasswert beträgt insgesamt 250.000 Euro. Die Hälfte davon ist 125.000 Euro. Dieser Betrag steht jeder Tochter zu. Somit muss Lisa an Jessica 25.000 Euro Wertausgleich zahlen. Die Summe nimmt sie einfach aus den Spareinlagen.
Immobilien – Wertausgleich problematisch
Problematisch wird die Aufteilung, wenn Immobilien zum Nachlass gehören. Beispiel: Der Landwirt und Pferdezüchter, Herr Michael Landmann, ist Witwer. Er schreibt ein Testament für seine Kinder.
„Mein ganzes Vermögen soll an meine vier Kinder – Thomas, Elias, Carolin und Ruth – zu gleichen Teilen gehen. Alle Kinder erhalten jeweils ¼ der Erbschaft, jedoch in Form der folgenden Vermögensteile:
- Thomas bekommt meinen Fischweiher und das umliegende Grundstück.
- Elias erhält mein Waldstück und die Holzernte-Maschine.
- Carolins Erbteil umfasst die Pferdekoppel und die dazugehörigen Pferde.
- Ruth erbt meinen Hof.“
Der Vater aus dem Beispiel hat zwar festgelegt, welches Kind was bekommen soll. Trotzdem wird diese Teilungsanordnung zu Schwierigkeiten führen.
1. Problem: Wie hoch ist der Wert des Vermögensteils tatsächlich?
Thomas z.B. könnte meinen, dass seine Sachen weit weniger wert sind als die große Pferdekoppel mit den Pferden. Selbst dann ist das Problem noch nicht gelöst, wenn der Erblasser die Höhe der Vermögenswerte ins Testament schreiben sollte. Vor der Teilung müsste der Wert jedes einzelnen Vermögensteils ermittelt werden. Dafür braucht man aber einen Sachverständigen, der wiederum Geld kostet.
2. Problem: Woher soll der Ausgleichspflichtige das Geld nehmen?
Die nächste Frage ist, wie Carolin den Betrag für den Wertausgleich aufbringt. Notfalls muss sie dafür sogar ihr Privatvermögen verwenden. Oder, wenn sie das nicht kann, muss sie Vermögensteile verkaufen, um schließlich an Geld zu kommen.
Teilungsanordnung ohne Wertausgleich? – Vorausvermächtnis
Eine Teilungsanordnung gibt es nur mit Ausgleichspflicht. Es gehört zur Natur einer Teilungsanordnung, dass alle Erben so viel erhalten, wie die Erbquoten im Testament festlegen.
Der Erblasser kann im Testament (oder im Erbvertrag ) aber auch formulieren, dass kein Ausgleich stattfinden soll. Dann wird eine Teilungsanordnung zu einem Vorausvermächtnis. Ein Vorausvermächtnis bevorteilt einen Erben: Der darin erwähnte Vermögensgegenstand wird nämlich nicht auf den Erbteil angerechnet.
Das bedeutet, der mit einem Vorausvermächtnis bedachte Erbe erhält zwei „voneinander unabhängige“ Vermögensteile:
1. zuerst das Vorausvermächtnis,
2. dann den Erbteil nach Erbquote Beispiel: „Mein ganzes Vermögen vererbe ich meinen beiden Kindern, Herta und Sara. Jede Tochter soll die Hälfte bekommen. Sara vermache ich außerdem meine Münzsammlung und mein Golddepot. Herta vermache ich außerdem meinen Badegrund am Bodensee. Es soll kein Wertausgleich erfolgen.“ Jeder erhält dabei explizit einen fixen Vermögensteil . Dabei steigen freilich die einen Miterben wertmäßig häufig besser aus, als die anderen. Das kann man als ungerecht empfinden. Andererseits vermeidet diese Regelung aber einige Schwierigkeiten:
- Die aufwändige und kostspielige Wertermittlung durch einen Sachverständigen wird hinfällig.
- Die Erbschaft muss nicht verkauft werden (Was sonst wahrscheinlich nötig wäre, um an Geld zu kommen und die Ausgleichszahlungen durchführen zu können).
- Das Streitpotential zwischen den Miterben wird durch die klaren Vorgaben verkleinert. Und das liegt meist auch im Interesse des Erblassers.
Hinweis: Ein Vorausvermächtnis soll im Testament klar formuliert werden. Es soll deutlich hervorgehen, dass ein Erbe mehr bekommt als der andere. Zur Sicherheit sollte der Erblasser explizit erwähnen, dass kein Wertausgleich erfolgen soll, bzw. dass es sich um ein Vorausvermächtnis handelt. Die Formulierung soll von einem Anwalt für Erbrecht durchgesehen werden, um Fallen zu umgehen.
Alternative: Über Teilungsanordnung hinwegsetzen
Die Erbengemeinschaft kann sich gegen die Teilungsanordnung entscheiden, sofern sie dabei die Einstimmigkeit erreicht. Diese kann dann alleine entscheiden, wie sie den Nachlass aufteilen will.
Manchmal wird der Erblasser auch ein sogenanntes „Teilungsverbot“ ins Testament schreiben. Ein Teilungsverbot soll die Erben zwingen, die Erbschaft nicht auseinanderzusetzen. Über diese Anordnung kann sich die Erbengemeinschaft ebenfalls einstimmig hinwegsetzen.
Kontrolle durch Testamentsvollstreckung
Um sicherzugehen, dass der letzte Wille erfüllt wird, kann der Erblasser einen Testamentsvollstrecker anordnen. Dieser wird im Testament bestimmt und sorgt dafür, dass bei der Erbauseinandersetzung bzw. Aufteilung alles rechtmäßig und nach testamentarischen Vorgaben abläuft. Der Erblasser kann verhindern, dass sich die Miterben über die Teilungsanordnung hinwegsetzen und eine andere Erbaufteilung vornehmen.
Pflichtteilsansprüche nicht vergessen
Der Erblasser muss den pflichtteilsberechtigten Erben einen Vermögenswert vererben, der mindestens so hoch ist wie der Pflichtteil . Ist aber der Vermögenswert kleiner, hat der benachteiligte Erbe einen Ausgleichsanspruch gegenüber den Miterben. Das heißt: Die Miterben müssen ihm dann die Differenz zum Pflichtteil auszahlen, sodass sein Erbteil der Pflichtteilshöhe entspricht. Hinweis: Der Pflichtteil ist halb so hoch wie der gesetzliche Erbteil. Pflichtteilsberechtigte sind Ehegatten (oder eingetragene Lebenspartner), Kinder und Eltern.
Klärung durch einen Anwalt
Erbengemeinschaften und Teilungsanordnungen produzieren regelmäßig sehr komplizierte Fälle im deutschen Erbrecht. Es ist nicht immer klar zu sehen, ob ein Vorausvermächtnis formuliert wurde, oder ob ein Wertausgleich stattfinden muss. Bereits kleine Details in der Formulierung des Testaments können einen großen Unterschied machen. Auch in steuerlicher Hinsicht werfen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis bzw. die Abgrenzung voneinander schwierige Fragen auf. Um Probleme zu minimieren, ist es ratsam einen Rechtsanwalt für Erbrecht zu kontaktieren.