Jeder enterbte gesetzliche Erbe kann einen Pflichtteil einfordern. Bei der Einforderung des Pflichtteils sind einige wichtige Dinge zu beachten: Verjährungsfrist, Nachlassverzeichnis, Unmöglichkeit der Auszahlung zu Lebzeiten des Erblassers und anderes. Lesen Sie mehr nachstehend.
Wie kann man den Pflichtteil einfordern?
Ein Enterbter oder ein gesetzlicher Erbe, der weniger als seinen gesetzlichen Erbteil erhält, kann einen Pflichtteil einfordern. Dazu wendet er sich schriftlich an den Alleinerben oder die Erbengemeinschaft und fordert diesen/diese auf, den Pflichtteil auszuzahlen. Der Pflichtteil muss immer in Geld ausgezahlt werden. Das Wichtigste zur Pflichtteileinforderung:
- Der Pflichtteilsberechtigte muss die Pflichtteilsauszahlung schriftlich beim Erben einfordern. Vorher muss der Erbe nichts auszahlen.
- Das Nachlassgericht kümmert sich nicht um die Einforderung/Auszahlung des Pflichtteils. Der Pflichtteilsberechtigte muss selbst aktiv werden.
- Der Pflichtteilsberechtigte sollte sich eine notarielles Nachlassverzeichnis geben lassen. Damit kann er sicher gehen, dass ihm nicht zu wenig ausgezahlt wird. Die Kosten dafür trägt der Erbe.
Exkurs: Wer erhält einen Pflichtteil und wie hoch ist dieser?
Pflichtteilsberechtigt sind bestimmte enterbte Personen oder Personen, die mit einem zu geringen Erbteil bedacht wurden. Zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis zählen:
- eheliche und uneheliche (leibliche) Abkömmlinge des Erblassers (also leibliche und rechtliche, auch adoptierte Kinder, Kindeskinder, Urenkel)
- Überlebender Ehepartner bzw. eingetragener Lebenspartner des Erblassers
- Eltern des Erblassers (wenn dieser keine Abkömmlinge hinterlässt)
Enterbt ist eine Person entweder dann, wenn sie in einer letztwilligen Verfügung ( Testament oder Erbvertrag ) ausdrücklich von der Erbschaft ausgeschlossen wurde. Oder auch dann, wenn sie einfach nicht als Erbe in der letztwilligen Verfügung eingesetzt, also gar nicht erwähnt wurde.
Erfolgte die Erbeinsetzung in einem Testament, stellt sich erst mit der Testamentseröffnung heraus, ob jemand enterbt wurde. Achtung: Lebensgefährten oder auch Stiefkinder haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.
Was versteht man unter „Pflichtteilsquote“?
Der Pflichtteil beträgt immer 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils ( § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB ). Den vollen gesetzlichen Erbteil würde der Pflichtteilsberechtigte erhalten, wenn der Erblasser ihn nicht enterbt hätte.
Wie lange kann man den Pflichtteil einfordern?
Die enterbte pflichtteilsberechtigte Person kann den Pflichtteil einfordern, solange sie will. Sie sollte aber nicht zu lange warten. Denn: Nach 3 Jahren nach Kenntnis des Erbfalls tritt die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs ein ( § 195 BGB ). Die Verjährungsfrist beginnt am 31. Dezember jenes Jahres, in dem der enterbte Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall erfahren hat.
Der Erbe kann sich nach drei Jahren weigern, den Pflichtteil auszuzahlen , wenn der enterbte Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil nicht rechtzeitig eingefordert hatte. Hinweis: Weißt der Enterbte nichts von der Enterbung, kann sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre anheben.
Wann muss der Pflichtteil ausgezahlt werden?
Ein rechtmäßiger Erbe ist nicht verpflichtet, den Pflichtteil „einfach so“, also von sich aus auszuzahlen. Sondern er kann erst einmal darauf warten, bis sich der Pflichtteilsberechtigte bei ihm meldet und den Pflichtteil einfordert. Nachdem die Berechtigten den Pflichtteil einfordern, müssen die Erben aber reagieren und zahlen.
Aber: Bis zu welchem Zeitpunkt der Pflichtteil auszuzahlen ist, ist nicht gesetzlich geregelt. Die Erben müssen jedoch dann ggf. Verzugszinsen zahlen. Hinweis: Der Pflichtteil muss in Form von Geld ausgezahlt werden. Möchte der Erbe ihn in irgendeiner anderen Form „auszahlen“ oder beispielsweise auch eine Ratenzahlung vereinbaren, so muss der Pflichtteilsberechtigte das nicht akzeptieren.
Worauf hat ein Pflichtteilsberechtigter Anspruch?
Der Pflichtteilsanspruch kann nur in Form von Geld geltend gemacht werden. Der Pflichtteilsberechtigte hat keinen Anspruch auf Gegenstände oder andere Sachen aus dem Nachlass . Umgekehrt: Der Erbe muss den Pflichtteilsberechtigten in Form von Geld befriedigen.
Der Erbe muss das Nachlassverzeichnis aber nicht von selbst herzeigen, sondern nur, wenn der Pflichtteilsberechtigte ihn dazu auffordert. Hinweis: Pflichtteilsberechtigte können auch ein notarielles Nachlassverzeichnis fordern, was sicherer ist.
Wozu dient ein Nachlassverzeichnis?
Mithilfe des Nachlassverzeichnisses erhält man einen genauen Überblick über die die Vermögenswerte im Nachlass. Ein bestimmter Personenkreis hat Anspruch auf ein Nachlassverzeichnis. Dazu zählt auch ein Pflichtteilsberechtigter. Weiß er über den Nachlasswert Bescheid, kann ihn der Erbe nicht täuschen.
Kann man zu Lebzeiten des Erblassers auf Auszahlung des Pflichtteils bestehen?
Nein , man kann den Pflichtteil nicht einfordern bzw. sich auszahlen lassen, wenn der Erblasser noch lebt. Einklagen kann man ihn ebenfalls nicht. Was jedoch möglich ist: Der Erblasser kann den zukünftig Enterbten einen Betrag (Abfindung) auszahlen. Im Gegenzug kann er mit dem zukünftig Enterbten einen Pflichtteilsverzicht vertraglich vereinbaren. Damit kann der Enterbte dann den Pflichtteil nicht mehr fordern, wenn der Erblasser verstorben ist.
Wie fordere ich den Pflichtteil ein?
Den Pflichtteil einfordern sollte man schriftlich (per Brief) . Dieses Schreiben kann, muss aber nicht eigens von einem Anwalt für Erbrecht aufgesetzt sein. Wer bedenken hat, dass es zu Problemen kommen wird, kann gleich im Vorhinein einen Anwalt mit dem Verfassen dieses Schreibens beauftragen. Dies garantiert noch nicht, dass sich der Auszahlungspflichtige an die Regeln hält, macht aber einen gewissen Druck.
Wenn sich der Erbe gegen die Auszahlung weigert?
Weigert sich der Erbe, den Pflichtteil auszuzahlen, können dann rechtliche Schritte eingeleitet werden. Auch hierbei kann ein Anwalt für Erbrecht helfen, Mahnungen schreiben etc.
Als letzten Schritt, wenn sich der Erbe noch immer gegen die Auszahlung stellt, kann man den Pflichtteil einklagen. Bewegt sich der Erbe auch dann noch nicht zur Zahlung, kann das Gericht eine Zwangsvollstreckung einleiten. Mit diesem Titel vollstreckt dann ein Gerichtsvollzieher die Auszahlung des Pflichtteils.