Beistandschaft: Jugendamt als Beistand und gesetzlicher Vertreter des Kindes

Rechtsanwalt

Nicht selten kommt es vor, dass Kindesunterhalt nicht gezahlt wird. In diesem Fall unterstützt die Beistandschaft des Jugendamts. Aber auch in anderen Situationen: Zum Beispiel, wenn eine unverheiratete Frau ein Kind gebiert und eine Vaterschaftsfeststellung aussteht. Mehr dazu im folgenden Beitrag.

Mutter mit Baby an der Brust: Die Beistandschaft des Jugendamts hat ihr geholfen, den Kindesunterhalt durchzusetzen.
Adobe Stock | NDABCREATIVITY

Nicht selten kommt es vor, dass Kindesunterhalt nicht gezahlt wird. In diesem Fall unterstützt die Beistandschaft des Jugendamts. Aber auch in anderen Situationen: Zum Beispiel, wenn eine unverheiratete Frau ein Kind gebiert und eine Vaterschaftsfeststellung aussteht. Mehr dazu im folgenden Beitrag. 

Was ist eine Beistandschaft?


‌Unter Beistandschaft ( § 1712 ff. BGB ) versteht man eine Art gesetzlicher Vertretung von Minderjährigen durch das Jugendamt . Die Beistandschaft hilft bei der Vaterschaftsfeststellung und bei der Durchsetzung von Ansprüchen auf Kindesunterhalt . Sie richtet sich also hauptsächlich an Mütter, aber nicht nur. 
‌ 
‌Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt:  1) Auf schriftlichen Antrag eines Elternteils wird das Jugendamt Beistand des Kindes für folgende Aufgaben: 
‌ 
‌1. die Feststellung der Vaterschaft, 
‌2. die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie die Verfügung über diese Ansprüche; ist das Kind bei einem Dritten entgeltlich in Pflege, so ist der Beistand berechtigt, aus dem vom Unterhaltspflichtigen Geleisteten den Dritten zu befriedigen. 
‌ 
‌2) Der Antrag kann auf einzelne der in Absatz 1 bezeichneten Aufgaben beschränkt werden. 
‌ 
‌§ 1712 ff. BGB Dieses Service des Jugendamts ist gänzlich kostenfrei und freiwillig. Es muss aber stets eigens beantragt werden. Auf unverheiratete Frauen, die ein Kind gebären , kommt das Jugendamt sogar automatisch zu. Antragsberechtigt ist ein Elternteil dann, wenn er die alleinige elterliche Sorge ( Sorgerecht ) für das Kind hat. Beziehungsweise derjenige, der das Kind hauptsächlich betreut (bei getrennt lebenden Eltern und, wenn ein gemeinsames Sorgerecht besteht). 
‌ 
‌Ein Beistand kann für alle minderjährigen Kinder beantragt werden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Die Staatsangehörigkeit macht keinen Unterschied .  Hinweis: Außerdem gibt es viele andere Angebote zur Unterstützung von Familien, Alleinerziehenden und Minderjährigen. Welche das sind, ist im Beitrag Kinder- und Jugendhilfe zusammengefasst. 

Welche Aufgaben umfasst die Beistandschaft?


‌Ein Beistand des Jugendamts unterstützt bei der Vaterschaftsfeststellung . Er/Sie kann auch weiterhelfen, wenn der Ex-Partner keinen Unterhalt oder zu wenig davon zahlt. Das nennt man „ Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen “. Durch eine Beistandschaft wird die elterliche Sorge nicht beschränkt .  Hinweis: Die Beistandschaft hat an sich keine Nachteile. Im Gegenteil: Sie ist eine gute Unterstützung für bedürftige Elternteile. 

Wie kann man diese Unterstützung beantragen?


‌Diese freiwillige Unterstützung muss schriftlich beim Jugendamt beantragt werden. Ein eigenes Formular dafür gibt es jedoch nicht. Sobald das Antragsschreiben beim Jugendamt eingeht, wird das Jugendamt automatisch Beistand des Kindes.  Hinweis: Diese freiwillige Leistung ist bei dem Jugendamt zu beantragen, das für den gewöhnlichen Aufenthaltsort des antragstellenden Elternteils zuständig ist. Liste aller Jugendämter in Deutschland. 

Unter welchen Umständen kann eine Beistandschaft beantragt werden?


‌1) Bei der Feststellung der Vaterschaft bei unverheirateten Müttern, die keine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben. 
‌ 
‌2) Bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. 
‌ 
‌Bringt eine nicht verheiratete Mutter ein Kind zur Welt, wird sie gleich nach der Geburt vom Jugendamt kontaktiert. Das Jugendamt bietet ihr dann die Hilfe eines Beistands an. Auf freiwilliger Basis und kostenfrei .  Hinweis: Gebärt eine verheiratete Frau ein Kind, gilt der Ehemann automatisch als Vater. Gebärt eine unverheiratete Frau ein Kind, müssen die Mutter und ihr Partner bzw. ein anderer Mann eine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben. Ein Beistand wäre in diesem Fall hinfällig. Mehr zum Abstammungsrecht . Die Beistandschaft erfüllt noch eine zweite Funktion: Nämlich die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Zahlt ein Elternteil keinen Kindesunterhalt oder zu wenig, kann der Elternteil, der das Kind betreut, einen Beistand beantragen. Und zwar bis zur Volljährigkeit des Kindes. 
‌ 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?


‌Die zwei Voraussetzungen für die Beantragung der Leistung(en) sind: 

  • Antragsstellerin oder Antragsteller hat alleiniges Sorgerecht (oder)
  • Antragstellerin oder Antragssteller hat gemeinsames Sorgerecht und das Kind lebt hauptsächlich bei ihr/ihm. 

Welche Unterlagen sind erforderlich?


‌Bei der Antragsstellung braucht man folgende Dokumente: 

  • Personalausweis oder Reisepass
  • Geburtsurkunde (Kopie)
  • Nachweis der Vaterschafsstellung (eventuell)
  • Unterhaltsurkunde(n) oder gerichtliche Beschlüsse zum Unterhalt 

Welche Behörde ist zuständig?


‌Diese Angebote werden in aller Regel vom Jugendamt übernommen. Und zwar jenes, das für den Wohnort jenes Sorgeberechtigten zuständig ist, der das Kind hauptsächlich betreut. Die Beistandschaft wird von einer Fachkraft ausgeübt, einem sogenannten „Beistand“. Manchmal wird dieses Angebot aber auch von einem Verein übernommen. 
‌ 

Welche Kosten fallen an?


‌Für die Beistandschaft muss man nichts zahlen . Genauso sind fast alle anderen Angebote der Jugendämter bzw. Kinder- und Jugendhilfe kostenfrei . Zum Beispiel Frühe Hilfen , Hilfen zur Erziehung , Familienberatung etc. 
‌ 

Wann wird eine Beistandschaft aufgehoben oder beendet?


‌Die Vertretung des Jugendamts wird automatisch beendet, wenn … 

  • die beantragende Person die Voraussetzungen für die Beistandschaft nicht mehr erfüllt.

 Beispiel: Die Beistandschaft endet zum Beispiel dann, wenn … 

  • der Antragsteller das alleinige Sorgerecht hatte, dieses aber nun verloren hat. Oder
  • die Kindeseltern fortan das gemeinsame Sorgerecht haben und zusammen leben. Oder
  • das Kind fortan seinen Lebensmittelpunkt im Ausland hat. Oder
  • das Kind Volljährigkeit erreicht hat.

Wie kann man eine Beistandschaft beenden?


‌Um die Beistandschaft zu beenden, reicht eine einfache schriftliche Erklärung . Diese wird ans Jugendamt geschickt bzw. dort vorgelegt. Wer die Hilfe beantragt hat, darf sie zu jeder Zeit aufheben. Möglich ist es auch, nur einen Teil davon aufzuheben. 
‌ 

Was ist der Unterschied zur Vormundschaft?


‌Das Jugendamt kann auch eine Vormundschaft übernehmen. Die sogenannte „ Amtsvormundschaft “. Bei der Amtsvormundschaft wird das Jugendamt der gesetzliche Vertreter des/der Minderjährigen. 
‌ 
‌Zum Beispiel: Wenn eine nicht verheiratete und minderjährige Mutter ein Kind bekommt; und bei der Geburt noch kein Vormund bestimmt ist. Oder: Für ein Kind in einem Adoptionsverfahren . Also wenn ein Kind zur Adoption freigegeben wurde. 
‌ 
 

Beistandschaft – Recht einfach erklärt