Abstammungsgutachten (DNA Vaterschaftstest) – Gründe, Ablauf, Kosten

Rechtsanwalt
Vater und uneheliches Kind vor Gutachten: Gerichtliches Abstammungsgutachten nach Geburt zeigte Vaterschaft
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Abstammungsgutachten – was ist das?


‌Ein Abstammungsgutachten zeigt mithilfe naturwissenschaftlicher Analysen, ob zwischen zwei (oder auch mehreren) Personen eine Verwandtschaft besteht. In den allermeisten Fällen soll das Gutachten zeigen, ob der Mann der Kindesvater ist. Das Abstammungsgutachten wird daher auch einfach „Vaterschaftstest“ genannt. 

‌Häufig sieht die Situation folgendermaßen aus: Ein rechtlicher Vater bezweifelt, dass das Kind von ihm ist. Erfährt er von Umständen, die eine Scheinvaterschaft vermuten lassen, kann er seine Vaterschaft gerichtlich anfechten. Daraufhin wird im Rahmen des Gerichtsprozesses ein sogenanntes „Abstammungsgutachten“ in einem Labor durchgeführt (DNA-Analyse). 

‌Das Bestehen von Verwandtschaftsverhältnissen ist für viele rechtliche Belange wichtig: Zum Beispiel zur Klärung von Unterhaltsansprüchen oder der Frage nach der gesetzlichen Erbfolge.
 

 

Hinweis: 

Weitere Bezeichnungen für ein Abstammungsgutachten sind Vaterschaftsgutachten, Vaterschaftsprüfung, Vaterschaftsausschlussverfahren, Paternitätsanalyse, aber auch Mutterschaftsverfahren oder Geschwistertest.

 

Wann kommt es zu einem Abstammungsgutachten?


‌Es gibt zwei Kategorien von Abstammungsgutachten:

  • Private Abstammungsgutachten 
    ‌Ein Abstammungsgutachten kann man für private Zwecke, etwa aus reinem Interesse, durchführen lassen. Hier ist jedoch die Zustimmung aller beteiligten Personen erforderlich (Vater, Mutter, Kind). Ein Vaterschaftstest darf nicht heimlich durchgeführt werden. Das ist verboten.
  • Gerichtliche Abstammungsgutachten 
    ‌Zudem kann man beim Familiengericht ein Abstammungsgutachten beantragen. Dafür kann es drei Gründe geben: 
    ‌1) aus reinem Interesse – „Klärung der Abstammung“, 
    ‌2) weil das Kind noch keinen rechtlichen Vater hat – „Vaterschaftsfeststellung“, oder 
    ‌3) weil Vater, Mutter oder Kind die Vaterschaft anzweifeln – „Vaterschaftsanfechtung“. 

    ‌Ein vom Gericht angeordnetes Abstammungsgutachten wird auch gegen den Willen der Mutter oder einer anderen beteiligten Person durchgeführt.

 

Achtung: 

Das Ergebnis eines privaten Abstammungsgutachtens oder einer Klärung der Abstammung hat keine automatische Wirkung auf das Rechtsverhältnis zwischen Vater und Kind. Es ist vorerst folgenlos. Erfährt der rechtliche Vater dadurch, dass er gar nicht auch der biologische ist, kann er aber eine Vaterschaftsanfechtungsklage einreichen. Erst nach einer erfolgreichen Anfechtung würde er seine Vaterstellung verlieren.

Drei Möglichkeiten für ein gerichtliches Abstammungsgutachten


‌Eingeleitet durch folgende drei Klagen, kann das Familiengericht ein Abstammungsgutachten anordnen:

  • Abstammungsklage
  • Vaterschaftsfeststellungsklage
  • Vaterschaftsanfechtungsklage 


1‌) Abstammungsklage: 
‌Die Abstammungsklage (auch „Abstammungsklärung“ oder „Klärung der Abstammung“) dient als reine Auskunft über die Abstammung und hat keine direkten rechtlichen Folgen (Erbrecht, Unterhalt etc.). Sowohl der Vater, die Mutter, als auch das Kind können eine Abstammungsklärung verlangen.

 

Beispiel: 

Das Kind hat einen rechtlichen Vater. Es möchte aber wissen, ob es auch tatsächlich vom rechtlichen Vater abstammt.

2) Vaterschaftsfeststellungsklage: 
‌Eine Feststellungsklage kann man nur einbringen, wenn es bisher keinen rechtlichen Vater gibt. Der Vater oder die Mutter kann eine Vaterschaftsfeststellung beantragen.

 

Beispiel: 

Der typische Fall hierfür ist, wenn die Mutter unverheiratet ein Kind bekommt. Will ihr Partner die Vaterschaft nicht anerkennen, bleibt ihr eigentlich nur das gerichtliche Vaterschaftsfeststellungsverfahren.

3) Vaterschaftsanfechtungsklage: 
‌Hier will eine anfechtungsberechtigte Person die bestehende Vaterschaft anfechten. 

 

Beispiel: 

Ein Mann ist zwar rechtlicher Vater, weil das Kind während der damals aufrechten Ehe geboren wurde. Er vermutet jedoch, dass ihm die Mutter das Kind „untergejubelt“ hat.

Welche Verwandtschaftsverhältnisse können geklärt werden?


‌Abstammungsgutachten dienen in erster Linie zur Klärung der Vaterschaft. Es können aber auch andere Verwandtschaftsverhältnisse geprüft werden: 

‌1) Vaterschaft: 
‌Der häufigste Grund für ein Abstammungsgutachten ist die Klärung der Vaterschaft, entweder privat oder gerichtlich. 

‌2) Mutterschaft: 
‌Die Klärung der Mutterschaft kann dann erforderlich sein, wenn es um Adoption, eine eventuelle Kindesvertauschung oder auch um künstliche Befruchtung geht. 

‌3) Geschwisterschaft: 
‌Ein Geschwistertest klärt das Verwandtschaftsverhältnis zwischen vermutlichen Geschwistern. Damit kann auch eine Elternschaft indirekt erwiesen werden, etwa wenn die Eltern schon verstorben sind. Zudem ist die Feststellung der Ein- oder Zweieiigkeit von Zwillingen möglich. 

‌4) Ahnenforschung: 
‌Auch weitergreifende Verwandtschaftsbeziehungen können mit einem Verwandtschaftstest nachgewiesen werden. Zum Beispiel, ob die Urgroßeltern tatsächlich mit dem Urenkel verwandt sind. 

‌5) Familienzusammenführung: 
‌Zudem kann ein Verwandtschaftstest beim Nachzug von Familienangehörigen aus dem Ausland notwendig sein. Die zuständigen Behörden wollen aufgrund dessen Entscheidungen über den Aufenthalt treffen.

 

Hinweis: 

Über einen Geschwistertest kann eine Vaterschaft indirekt geprüft werden. Das kommt zum Beispiel in Frage, wenn der Vater bereits verstorben ist.

Heimliche Abstammungsgutachten sind verboten


‌Seit dem 1. Februar 2010 müssen alle am Vaterschaftstest beteiligten Personen eine schriftliche Einverständniserklärung für die Durchführung der Abstammungsanalyse abgeben. Das heißt, Vater, Mutter sowie Kind (bzw. die gesetzlichen Vertreter des Kindes). „Heimliche Vaterschaftstests“ sind seitdem rechtswidrig und deshalb gerichtlich nicht verwertbar. 

‌Weigert sich jemand gegen die Entnahme von Probematerial für das Gutachten, bleibt nur noch der Weg zum Familiengericht. Mittels Klage kann dort ein Abstammungsgutachten bewirkt werden. Vor dem Einreichen der Klage ist es sinnvoll, mit einem Rechtsanwalt für Familienrecht Rücksprache zu halten. 

‌Ein alternativer Weg kann die Beratung bei einem Mediator sein. Dieser unterstützt die streitenden Parteien, um eine außergerichtliche Lösung zu finden. Schließt ein privates Abstammungsgutachten die Vaterschaft aus, können die Beteiligten immer noch über eine Lösung ohne Gericht nachdenken. Man sollte nicht vergessen, dass das Ergebnis einer Vaterschaftsfeststellungs- oder Anfechtungsklage rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.


‌Wie wird ein Abstammungsgutachten in Auftrag gegeben?

  • Privat beauftragtes Gutachten: 
    ‌Nach dem Ausfüllen des Antragsformulars müssen die beteiligten Personen eine Einwilligung unterschreiben. Anschließend bekommen sie einen Termin zur Probeentnahme. In der Regel dauert der gesamte Ablauf bis zu einem Monat.
  • Gerichtlich beauftragtes Gutachten: 
    ‌Geht es um ein gerichtlich beauftragtes Gutachten, leitet das Gericht die Durchführung in die Wege. In diesem Fall kontaktiert das Gericht das Institut, in dem das Gutachten erstellt wird. Die Beteiligten werden dann vom Institut zur Probeentnahme eingeladen. 

Wo kann man ein privates Abstammungsgutachten machen?
 

  • beim Hausarzt
  • beim Jugendamt
  • in der Apotheke
  • im Labor 


‌Handelt es sich um einen Test für rein private Zwecke, bedarf es keinen Zeugen. Soll der Test jedoch (später) auch für gerichtliche Zwecke verwendbar sein, muss während des Tests ein unabhängiger und sachkundiger Zeuge anwesend sein. Als Zeuge kann z.B. eine der folgenden Personen dienen:

  • der Hausarzt
  • ein Apotheker
  • eine Fachkraft vom Jugendamt
  • eine Pflegefachkraft 

 

Achtung: 

Soll ein privater Test auch gerichtlich verwertbar sein, muss ein unabhängiger und sachkundiger Zeuge bei der Durchführung des Tests anwesend sein.

Wie lange dauert ein Abstammungsgutachten?


‌Die Bearbeitungsdauer beträgt bis zu 4 Wochen. Problematisch für die Dauer ist nicht das Abstammungsgutachten selbst. Die Labore arbeiten schnell und zuverlässig. Das Gerichtsverfahren an sich, in dessen Rahmen das Gutachten erstellt wird, kann es sich jedoch über Monate oder gar über Jahre hinziehen. Je nachdem, ob und wie sehr sich die Beteiligten „querlegen“.

 

Achtung: 

Die Schwierigkeit liegt üblicherweise im gerichtlichen Verfahren, dessen Dauer besonders von der Kooperationsbereitschaft der Beteiligten abhängt.

Welche Folgen hat ein Abstammungsgutachten?


‌Das Ergebnis eines privaten Abstammungsgutachtens hat keine automatische Auswirkung auf die rechtliche Vaterschaft. Es kann aber als Entscheidungsgrundlage für ein gerichtliches Verfahren auf Vaterschaftsfeststellung oder Vaterschaftsanfechtung dienen. 

‌Erst wenn ein Vaterschaftsfeststellungs- oder Vaterschaftsanfechtungsverfahren ergibt, dass die biologische Vaterschaft nicht vorliegt, hat das rechtliche Folgen für das Vater-Kind-Verhältnis. Zum Beispiel der Verlust von Unterhaltsansprüchen.


Durchführung des Abstammungsgutachtens per DNA-Analyse


‌Moderne Abstammungsgutachten werden alle mittels DNA-Test erstellt. Mutter und Vater vererben jeweils die Hälfte ihrer Erbmerkmale an das Kind. Es wird untersucht, ob die DNA-Merkmale, die das Kind nicht von der Mutter hat, mit jenen des Vaters übereinstimmen. Hat der untersuchte Mann – der Eventualvater – nicht die beim Kind vorgefundenen DNA-Merkmale, wird seine Vaterschaft ausgeschlossen. Stimmen die DNA-Merkmale von Kind und Eventualvater überein, kommt es zur „biostatistischen Berechnung der Vaterschaftswahrscheinlichkeit“.

Welches Material wird analysiert?


‌Zur Probeentnahme kommen grundsätzlich alle menschlichen Zellen in Frage. In der Regel wird Folgendes verwendet:

  • Blutprobe
  • Schleimhautabstriche (Speichelabstriche)
  • Gewebeproben
  • Haare mitsamt Haarwurzel 


‌Schleimhautabstriche sind schmerzlos und lassen sich bei Kindern ohne Probleme durchführen. Auch bei neugeborenen Babys sind Proben einfach zu entnehmen (z.B. Blut aus der Nabelschnur). Die DNA-Merkmale des Kindes prägen sich schon während der Schwangerschaft vollständig aus.

 

Hinweis: 

Grundsätzlich wird bei der Klärung der Vaterschaft immer Zellmaterial von allen drei beteiligten Personen untersucht. Also von Vater, Mutter und Kind. Theoretisch ist auch ein Zwei-Personen-Gutachten möglich, bei dem nur Vater und Kind untersucht werden. Dabei entstehen aber häufig höhere Kosten.

 

Wie sicher ist das Ergebnis?


‌Die heutigen Analysemethoden sind in hohem Maße sicher. Nach einem Vaterschaftstest sind drei Szenarien für die Vaterschaftsbeurteilung denkbar:

  • Vaterschaft ausgeschlossen
  • Vaterschaft mit hoher Sicherheit (>99,9%)
  • Untersuchung hat eingeschränkte Aussagefähigkeit 

 

Achtung: 

Eine eingeschränkte Aussagefähigkeit bei Nichtausschluss kann vorliegen, wenn z.B. Mutter und Vater blutsverwandt sind, mehrere Eventualväter blutsverwandt sind oder eineiige Zwillinge als Eventualväter gelten. Letztere sind genetisch nicht unterscheidbar.

  • Kann das Abstammungsgutachten missbraucht werden?


‌Die für das Abstammungsgutachten analysierten DNA-Segmente machen keine Aussage über Erbkrankheiten oder andere Krankheiten. Das Abstammungsgutachten kann zu keinem anderen Zweck als zur Klärung des Verwandtschaftsverhältnisses verwendet werden. Die Daten könnten also nicht etwa für Versicherungszwecke oder anderes missbraucht werden. Die Identität der untersuchten Personen ist daher sehr gut geschützt.

 

Maßnahmen zur Identitätssicherung vor der Probeentnahme:
 

  • Niederschrift über die Materialentnahme und Identitätsprotokoll
  • Fingerabdruck der jeweiligen Person + Unterschrift
  • Sofort-Foto der jeweiligen Person
  • Kopie der Niederschrift verbleibt in den Akten der ausstellenden Stelle
  • Streng vertrauliche Behandlung aller Daten 

 

Hinweis: 

Die Abstammungsgutachten werden stets gemäß der aktuellen Richtlinien für die Erstattung von Abstammungsgutachten und der Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission erstellt. Dadurch wird das Verfahren standardisiert und für das Gericht verwertbar.

 

Ist ein Vaterschaftstest während der Schwangerschaft möglich?


‌Ein Vaterschaftstest während der Schwangerschaft (auch „pränatales Abstammungsgutachten“ oder „pränataler Vaterschaftstest“) ist grundsätzlich verboten. Nur wenn Ärzte den Verdacht hegen, …

  • die Schwangere sei Opfer einer Gewalttat geworden (sexueller Übergriff, sexueller Missbrauch von Kindern, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung) und
  • die Schwangerschaft beruhe auf dieser Straftat 


‌ist ein Vaterschaftstest während der Schwangerschaft zulässig.

 

Hinweis: 

Der Gesetzgeber verbietet vorgeburtliche Abstammungstests. Dadurch werden Kinder gesundheitlich geschützt und Abtreibungen reduziert.

 

Was kann ein Abstammungsgutachten kosten?


‌Ein privat in Auftrag gegebenes Vaterschaftsgutachten kostet ca. 150 bis 500 Euro. Wird die Vaterschaft im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens festgestellt, so fallen keine separaten Kosten für das Abstammungsgutachten an. In letzterem Fall werden Kosten für das Gerichtsverfahren insgesamt berechnet. Der Verfahrenswert kann sich ungefähr auf 2.000 Euro belaufen.

Achtung: 

Ein Abstammungsgutachten kann weder über die gesetzliche noch über die private Krankenversicherung abgerechnet werden.

Wer kommt für die Kosten auf?

  • Bei Ausschluss der Vaterschaft: 
    ‌Wurde die Vaterschaft des mutmaßlichen Vaters ausgeschlossen, werden die Kosten gegeneinander aufgehoben. Das heißt: Jede Partei – meist Mutter und mutmaßlicher Vater – muss seine Rechtsanwaltskosten (außergerichtliche Kosten) selbst tragen. Die anfallenden Gerichtskosten werden hälftig aufgeteilt. Dazu zählen auch die Kosten für das Abstammungsgutachten.
  • Bei positivem Vaterschaftstest: 
    ‌Der Vater muss die Prozesskosten für die Anfechtungsklage selbst bezahlen.

Abstammungsgutachten – Recht einfach erklärt